Ortsverein erstellt am: 27.12.2014

Zehn Jahre Hartz IV: AWO mahnt grundlegende Reformen an

„Es ist Zeit für eine grundlegende Überarbeitung“, fordert der AWO Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler anlässlich des zum Jahreswechsel anstehenden zehnten Jahrestags des Vierten Gesetzes für Moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt, dem sog. Hartz IV-Gesetz. Da derzeit sein neuntes Änderungsgesetz diskutiert wird, erklärt Stadler: „Anstelle weiterer kleinteiliger Änderungen müssen endlich die grundlegenden Probleme gelöst werden.“ Neben einer Erhöhung der Regelsätze fordert die AWO u.a. eine bessere Betreuung der Hartz-IV-Bezieher.

Grundsätzlich sieht es die AWO als problematisch an, dass zwei Drittel aller Arbeitslosen im Hartz-IV-System stecken. „Die Leistungen der Arbeitslosenversicherung dürfen nicht immer weiter abgewertet werden, zumal viele Betroffene über Jahre hinweg Beiträge geleistet haben. Wir dürfen uns nicht schleichend vom Sozialversicherungsprinzip verabschieden und in Richtung einer Armutsvermeidung á la Großbritannien bewegen, in der nur das absolute Minimum geleistet wird. Der Zugang zum Arbeitslosengeld I muss erleichtert und die Bezugsdauer verlängert werden“, betont Stadler.

Das SGB II werde viel zu stark makroökonomisch betrachtet und der geringe Stand an Arbeitslosigkeit hervorgehoben. Aber, moniert der AWO Bundesvorsitzende: „Hartz-IV wurde zu einem Leistungssystem der gesellschaftlichen Mitte.“ Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) errechnete, das bis 2011 bundesweit 9,6 Millionen verschiedene Bedarfsgemeinschaften mit 14,6 Millionen Menschen SGB II-Leistungen bezogen. „Hier kann nicht mehr von einem gesellschaftlichen Randphänomen gesprochen werden“, kritisiert Stadler.

Gleichzeitig mahnt die AWO einen zielgerichteteren Umgang mit den Betroffenen an. Für die AWO heißt das, die Betreuung durch die Fachkräfte der Arbeitsagenturen zu verbessern und zu stärken. Dazu gehört auch, dass die Bundesagentur für Arbeit davon Abstand nimmt, vor allem über das Ziel einer unmittelbaren Überwindung der Arbeitslosigkeit zu steuern. Gleichzeitig muss die aktive Arbeitsmarktpolitik, die in den vergangenen Jahren massiv zurückgefahren wurde, wieder ausgebaut werden. „Wir brauchen mehr und nicht weniger Qualifizierung und eine sinnvolle sozialpädagogische Betreuung“, betont Stadler. Zudem müsse ein sozialer Arbeitsmarkt geschaffen werden, der unmittelbar Teilhabe verspreche und Menschen wieder neue Perspektiven verschaffe.

Die AWO mahnt noch weitere Reformen an: So setzt sie sich seit Inkrafttreten des SGB II für eine Anhebung der Regelsätze ein. „Die Leistungen sind zu niedrig und verhindern Teilhabe und Inklusion“, erklärt Stadler. Auf den Prüfstand zu stellen seien zudem die strengen Zumutbarkeitsregeln und unnötig harte Sanktionsregeln für Jugendliche. Diese würden Jugendliche eher noch vom Arbeitsmarkt fernhalten.

Die derzeitigen Bemühungen um eine Reform bleiben hinter diesen Fragen weit zurück. Deshalb fordert Stadler: „Zehn Jahre nach Inkrafttreten dieses so umstrittenen Gesetzes muss Schluss sein mit dem Klein-Klein und immer weiteren Reförmchen. Es ist Zeit für einen großen Wurf.“

*Ein gemeinsames Projekt von AWO und ISS, dem Frankfurter Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik zeigte, dass sich über 50 Prozent der arbeitslosen SGB II-Bezieher der Gesellschaft nicht zugehörig fühlen. Zudem hat das Forschungsteam erarbeitet, dass sowohl das Teilhabeempfinden als auch die Lebenszufriedenheit durch den Bezug von Hartz-IV-Leistungen sinken. Zudem zeigte die Studie, dass ein wieder erlangtes Beschäftigungsverhältnis wieder Zugang zur Gesellschaft, neue Kontakte und mehr soziale Zugehörigkeit mit sich bringe. Das alles sind Voraussetzungen für weitere persönliche Entwicklungen.


aktualisiert am: 18.04.2015
(Foto: pixelio/Kurt F. Domnik)
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