Aus den Anfangsjahren der Seniorenarbeit
Als der Ortsverein mit der aktiven Seniorenarbeit begann, war das Angebot für Senioren, sich in Gesellschaft künstlerisch, musisch und gesellig zu betätigen in der Doppelstadt Mörfelden-Walldorf etwas Neues. Es sprach sich schnell herum, dass bei den AWO-Senioren immer was los ist. Man war für viele neue Ideen offen und probierte auch noch vieles aus. Es waren die Seniorinnen und Senioren selbst, die endlich eine Plattform hatten, ihre verborgenen Talente zu zeigen. Das galt nicht nur für Vortragskünstler, sondern auch für Musik und bildende Kunst. So gab es bereits im ersten Jahr des Bestehens des Seniorenclubs eine Ausstellung mit selbst gefertigten Kunstwerken, künstlerischen Fotos, Textil und Leder-Handarbeiten und Kunstblumenarrangements. Ein Jahr später wurde daraus der erste Weihnachtsbasar. Die Einnahmen-Überschüsse wurden immer sozialen Zwecken zugeführt.
Die Weihnachtsbasare der 80-er Jahre waren immer gut besucht und so manche Familie erwarb einen Heimschmuck oder Tisch- und Wanddekorationen, die noch heute im Gebrauch sind. Beim AWO-Weihnachtsbasar gab es eben keine Staubfänger und sonstigen spießigen Plunder. An einem Wochenende in der Vorweihnachtszeit wurde der Clubraum im Bürgerhaus - später das Foyer - nicht nur zum Basar, sondern auch zu einem gern besuchten Cafe. Dennoch hat sich dieses Angebot mit der, auch in unserer Doppelstadt um sich greifenden Kommerzialisierung der Weihnachtsmärkte, überholt. Das Bild rechts zeigt eine Aufnahme der Helferinnen und Helfer des Weihnachtsbasars 1982.
Die AWO blühte in den 70-er und 80-er Jahren auch in vielen Nachbargemeinden auf. Viele AWO-Politiker erkannten schon sehr frühzeitig, dass die Gesellschaft immer älter wird. Die Stabilisierung der Rentenversicherung war schon damals ein Problem. Man erkannte aber auch, dass man die ältere Generation in die politische Willensbildung einbeziehen muss. In der SPD entsann man sich wieder der gemeinsamen Wurzeln mit der AWO. SPD Bundes- und Landtagsabgeordnete besuchten immer wieder die AWO-Ortsvereine und waren - ausweislich des Gästebuches -auch häufig im Seniorenclub präsent. Und die AWO verstand es Feste zu feiern, zu denen sich die Ortsvereine gegenseitig einluden. Die Bildmontage links erinnert an das Fest im Park in Kronberg, zu dem der damalige Bundesfinanzminister Hans Matthöfer die Schirmherrschaft übernahm.
In dieser Zeit entwickelte sich eine bis heute andauernde Freundschaft des AWO-Ortsvereins in Klein-Gerau mit dem Ortsverein in Mörfelden-Walldorf. Bis in die Gegenwart laden diese beiden Ortsvereine gegenseitig die Mitglieder zu ihren geselligen Veranstaltungen ein. Die Klein-Gerauer veranstalteten in ihrem Volkshaus alljährlich Carneval, wo die Mörfelden-Walldorfer an den Ehrentischen saßen und im Gegenzug nahmen die Klein-Gerauer an unserem traditionellen Bockbieranstich teil, natürlich ebenfalls an den Ehrengäste-Tischen.
Feste feiern, wie sie fallen
Es wurde kaum eine Gelegenheit ausgelassen, zu feiern. So band man vierteljährlich alle Geburtstage zusammen und überreichte in einer gemeinsamen Geburtstagsfeier ein kleines AWO-Präsent. Bei 'runden' Geburtstagen gehörte dazu ein vom Clubleiter Karl Schulmeyer handgestickter Gratulations-Wimpel mit der Zahl des erreichten Lebensalters. Ganz besondere Feiern gab es bei goldenen und diamantenen Hochzeiten von Clubmitgliedern. Die Jubelpaare bekamen immer ein Ehrenblatt in der Fotochronik der AWO.
Im Jahresreigen gab es damals zunächst ein Faschingsfest. An Ostern kam der Osterhase, am 1. Mai gings erst zur Kundgebung und dann wurde im Hof des Goldenen Apfels gefeiert, dann kam das Sommerfest, etwas später das Erntedankfest, im Oktober oder November dann der Bockbieranstich, einen Monat später stand die Nikolausfeier und der Weihnachtsbasar an und schließlich feierte man im Seniorenclub an Silvester in das Neue Jahr hinein. Die Bilder hier rechts und links stammen aus der Fotochronik der 80-er Jahre.
Das Gästebuch
Wer im Gästebuch der AWO blättert, bekommt einen guten Eindruck von dem Engagement, das die damaligen AWO-Funktionsträger zu leisten vermochten. Sie scheuten sich nicht, auch hochkarätige Politiker einzuladen und mit diesen über die Sorgen und Nöte der älteren Generation zu diskutieren. Die zeitliche Dichte der Einträge zeugt von viel Engagement und noch mehr Lust ud Freude am Arrangement. Leider können viele Unterschriften nicht mehr zugeordnet werden. Leider sind nicht mehr viele, die sich an diese Zeiten erinnern können, unter uns.
Die Arbeiterwohlfahrt und ihr Seniorenclub pflegten aber auch Freundschaften über viele Grenzen hinweg. Als es den Senioren in der damaligen DDR erlaubt wurde, zu Verwandtenbesuchen in die Bundesrepublik Deutschland zu reisen, wurden die Clubmitglieder mit ihrem 'Ostbesuch' regelmäßig im Seniorenclub willkommen geheißen. Die Gäste aus der DDR erzählten von ihrem Leben und trugen sich dann in das Gästebuch ein, zum Beispiel: Frau Lotte aus Erfurt, Helga aus Meißen, Margot aus Bollstedt, Hanna aus Magdeburg und Leonhard aus Leipzig. Auch Gäste aus dem westlichen Ausland haben sich in das Gästebuch eingetragen: Vicky (und später) Julia aus Brighton (England), Elke Cooper (USA).
Zu den wichtigsten Aufgaben der AWO gehört auch die Pflege der Soldarität über die nationalen Grenzen hinweg. Ausländische Arbeitnehmer wohnen schon seit Jahrzehnten in unserer Stadt. Größere Konflikte gab es bislang aber nicht. Um diese Freundschaft zu pflegen, lud die AWO zu internationalen Folklorefesten ein. Im Bild rechts lernen die Besucher eines dieser Feste den Sirtaki, einen populären griechischen Tanz. Im Gästebuch bedanken sich die Sprecher der Folklore-Gruppen für die freundliche Aufnahme. Man habe sich fast wie zuhause gefühlt.
Nach der Verschwisterung der Städte Vitrolles (Südfrankreich) und Wageningen (Niederlande) besuchten Christine Souchon vom Comité de Jumelage aus Vitrolles sowie der Bürgermeister aus Wageningen mit z.T. sehr großen Bürgerabordnungen aus den Partnerstädten mehrmals die Stadt Mörfelden-Walldorf und waren auch bei uns in der AWO zu Gast. Das Gästebuch enthält liebe Grüße und gute Wünsche für die Senioren und Einladungen, die Partnerstädte zu besuchen. Mehrere AWO-Mitglieder nahmen in der Folgezeit an Gegenbesuchen teil und mittlerweile hängen in beiden Städten von Karl Schulmeyer gestickte AWO-Wimpel!
Auch politische Prominenz hat die AWO und ihre Gliederungen hier in Mörfelden besucht: u.a. Dr. Hans-Jochen Vogel, Dr. Norbert Wieczorek, Dr. Erhard Eppler, Herrmann Schmitt-Vockenhausen und die Bundesministerin für Entwicklungshilfe und wirtschaftliche Zusammenarbeit Heidemarie Wieczorek-Zeul, haben sich im Gästebuch verewigt. Besonders enger Kontakt bestand immer zu den Landtagsabgeordneten, Landräten und Kreisbeigeordneten. Sie gehörten in den letzten Jahrzehnten immer der SPD an, aber auch Rudolf Haselbach MdL/CDU war AWO-Mitglied. Die kommunalen politischen Repräsentanten waren so häufig bei der AWO zu Gast, dass das Gästebuch gar nicht mehr vorgelegt wurde.
Die Arbeiterwohlfahrt lud aber nicht nur Politiker ein, sie 'rückte Ihnen auch auf die Bude': Das Bild rechts zeigt die AWO-Senioren bei einem Besuch des Landrates Enno Siehr am 13. Juli 1993 in seinem Amtssitz, dem Landratsamt Groß Gerau. Bei diesem Besuch wurde auch über die neuen Zuständigkeiten des Kreises in sozialen Angelegenheiten diskutiert.
Lotte Lemke, die dritte Nachfolgerin von Marie Juchacz im Amt der AWO-Vorsitzenden auf Reichs-/Bundesebene besuchte die AWO in Mörfelden am 1. Mai 1987. Ihr Eintrag im Gästebuch ist ein Bekenntnis zu einer neuen Arbeiterwohlfahrt, in der Menschen verschiedener Weltanschauungen und unabhängig von ihrem persönlichen religiösen Bekenntnis einen Platz für soziales Wirken finden können. Für sie persönlich war das ein Bekenntnis zu einem wirklich gelebten demokratischen Sozialismus. Mit den AWO-Vorstandsmitgliedern besprach Sie damals Probleme der finanziellen und organisatorischen Sicherung der Ortsvereine und deren Engagement in den verschiedenen sozialen Bereichen.